Auf der einen Seite müsst ihr natürlich dafür sorgen können, in ein paar Monaten einen ordentlichen Schub neuer Tiere unterzubringen. Der Platzbedarf kann enorm steigen – immerhin kann eine Kaninchen-Mutter gleich ein ganzes neues Rudel in die Welt setzen – wenn ihr gesunde Eltern habt, liegt das Minimum bei drei Nachkommen und je nach Rasse kann es schon fast zweistellig werden (das ist aber eine ziemliche Ausnahme). In absehbarer Zeit müsst ihr also deutlich mehr Stall-Kapazität haben. Ihr könnt natürlich spekulieren, dass ein gesundes Mittel erreicht wird – aber nur, wenn ihr einen Plan B habt und im Falle des Falles eben noch einmal zusätzliche Ställe bauen könnt. Keine Angst, das muss dann nicht von heute auf morgen passieren, ein paar Wochen sind schon Zeit. Aber der Platz muss natürlich erst einmal da sein.
Das Alles muss daher gesagt werden, weil es wirklich eine gute Idee ist, nicht nur eine Häsin schwanger werden zu lassen. Wenn nämlich relativ zeitgleich zwei oder mehr Mütter zu verzeichnen sind, könnt ihr Probleme kompensieren. Falls eine eurer Damen schicht zu wenig Milch hat, um alle Jungen durchzubringen, könnt ihr so nämlich notfalls Jungtiere bei einer anderen Mama unterbringen, die einen kleineren Wurf auf die Welt gebracht hat und problemlos noch ein oder zwei weitere Babys groß ziehen kann.
Klar sollte auch sein, dass die zukünftige Mama nicht mehr in einem Stall wohnt, der für ein einzelnes Kaninchen gedacht ist. Es sollte ausreichend Platz sein, dass Mama und Kinder zusammen über einige Wochen miteinander leben können. Wir halten es so, dass sie spätestens in der Zeit, in der sie mit dem Rammler zusammenkommt, auch viel eigenen Platz bekommt. Denn ein Umzug kurz vor oder gar nach der Geburt kann schwer nach hinten losgehen – im schlimmsten Fall fühlt sich die Häsin gestresst und unsicher und entscheidet, dass hier kein guter Platz für Kinder ist – was dann deren Tötung nach der Geburt bedeuten würde.
Dann kann es ja losgehen
Zur grundlegenden Biologie braucht vermutlich nicht allzuviel gesagt werden: Er und sie müssen zusammenkommen, wenn es Nachwuchs geben soll. Logisch. Viel gibt es hier nicht zu beachten. Ganz wichtig ist allerdings: Niemals wird der Rammler zur Kaninchen-Dame in den Stall gesetzt. Das endet eher in wilden Auseinandersetzungen als in trauter Zweisamkeit. Die Mädels verteidigen ihren Bau mit allen Mitteln, während die Herren gern mal Damenbesuch bekommen. Daher kommt im Normalfall die Häsin ins Zuhause des Männchens. Ebenso gut funktioniert es, wenn beide zusammen in neutrales Territorium kommen – also den Auslauf auf der Wiese. Der Rammler wird seinem Namen schnell alle Ehre machen und mit allen Mitteln, die ihm zur Verfügung stehen, die Fortpflanzung versuchen. In der Regel wird sofort versucht, auf die Dame zu springen. Wenn das nicht so einfach funktioniert, was meistens der Fall ist, können die kleinen Männer aber auch sehr romantisch sein. Dann wird geknuddelt und an den Ohren geknabbert, bis sie sich möglichst erweichen lässt. Gut, das ist etwas salopp formuliert. Streng wissenschaftlich gesehen, bemüht er sich, sie mit seinen Duftstoffen in Paarungsbereitschaft zu bringen.
Manchmal ist es eine Sache von wenigen Minuten, manchmal braucht es aber auch mehrere Anläufe. Die Häsin wird häufiger hitzig, ist es aber eben nicht immer. Erkennen kann man es, wenn man sich die Mühe macht, die Geschlechtsteile zu begutachten: Sind die hell, fast weißlich, ist sie nicht aufnahmebereit. Dunklere Färbungen, die von guter Durchblutung zeugen, sind hingegen perfekt. Trotzdem müsst ihr nun aber nicht jeden Tag nachsehen und entscheiden. Häufige Besuche beim Rammler lassen sie immerhin schneller in Wallungen kommen – also kann sie ruhig mehrere Tage hintereinander immer wieder zu ihm.
Wenn sie dann will, geht es recht fix. Er springt hinten auf und rammelt drauf los. Ob es ein erfolgreicher Versuch war oder nicht, ist dem Beobachter sofort klar, wenn man es erst einmal gesehen hat: Der Rammler fällt dann regelrecht von seiner Dame herunter und ist für ein oder zwei Sekunden quasi ohnmächtig.
Und nun?
Jetzt heißt es: Abwarten. Ob sie wirklich schwanger ist, wird man in den kommenden drei Wochen im Grunde kaum erfahren. Es gibt zwar zuweilen Hinweise, wirklich schlagend sind die aber nicht. Wird das Paar nach gut zwei Wochen noch einmal zusammengebracht, wird sie deutlich zu erkennen geben, dass sie sich nicht paaren will. Es wird weggerannt, gegrunzt und der Rammler auch mal weggebissen. Das kommt aber auch vor, wenn sie einfach nur so keine Lust auf den aufdringlichen Typen hat.
Zuweilen stellt sich auch eine spürbare Verhaltensänderung ein. Wenn eine bisher stets zutrauliche, kuschelige Häsin angreift, sobald man in ihren Stall greifen will – etwa um den Futternapf aufzufüllen – ist eine Schwangerschaft recht sicher. Bei manchen ändert sich aber auch gar nichts. Erfahrene Kaninchenzüchter können wachsende Babys im Bauch manchmal fühlen – aber das schaffen wir zumindest bisher nicht.
Ihr Kinderlein kommetSo ziemlich klar ist die Sache eigentlich erst, wenn sie mit dem Nestbau anfängt. An eine ihr genehmen Stelle wird Stroh und Heu zusammengetragen. Dann rupft sich die werdende Mutter Haare am Bauch aus, um das Nest zu polstern und ihre Zitzen freizulegen. Bei uns fing das in einem Fall schon eine gute Woche vor der Geburt an, in einem anderen erst wenige Stunden vorher.
Wenn ihr der Ansicht seid, dass eines eurer Mädels schwanger ist, ist es durchaus sinnvoll, einige Vorbereitungen zu treffen. Am besten passiert das gut eine Woche vor der erwarteten Geburt. Hier wird vor allem noch einmal gründlich saubergemacht – in der nächsten Zeit werdet ihr dazu nicht mehr in vollem Umfang kommen. Häufig empfohlen wird auch, eine Wurfbox anzubieten. Unser Züchter-Freund verwendete dafür eine flache, längliche Holzkiste, in die Kaninchenfrau und Nest gut hineinpassen – bei unseren mittelgroßen Tieren bedeutet das etwa 50 x 30 Zentimeter bei 10-15 Zentimetern Höhe. Das haben wir auch probiert, allerdings mit nur halbem Erfolg. Die Häsin hatte durchaus begriffen, dass die Kiste wohl auch dazu dienen soll, den sauberen vom unsauberen Teil des Stalles getrennt zu halten. Sie nutzte die Wurfbox aber fortan als Klo und der übrige Teil des Heimes wurde gehegt und gepflegt.
Da sind sie
Und dann kommt der große Moment: Eine Tages schaut ihr in den Stall und in dem Nest bewegt sich plötzlich etwas. Als ihr geschlafen habt, war sie damit beschäftigt, ihre Kinder zur Welt zu bringen. Nicht nur die frischgebackene Mama hat nun mehr zu tun, auch ihr bekommt zusätzliche Aufgaben. Doch dazu mehr, im Kapitel Aufzucht.