Die schöne und harte Realität

Einzelkind unter strengem Schutz

Einzelkind unter strengem Schutz

Es wird Zeit, endlich etwas Neues zu unserem Frühlings-Nachwuchs-Programm zu berichten. Das war eigentlich schon eher geplant, in der letzten Zeit sorgte erst Krankheit, dann der Oster-Besuch und schließlich eine verunfallte Hand mich davon ab. Dafür ist bei den Kaninchen aber ungefähr ebenso viel passiert – im Guten, wie leider auch im Schlechten.

Aus jetziger Perspektive überwiegt natürlich das Schöne. Es blieb – wie zu erwarten – nicht beim Neujahrs-Wurf. Doch der Weg dahin war steinig und konfrontierte uns mit Vielem, was Züchter zu erdulden haben. Die Arbeit mit der Natur ist eben etwas völlig Anderes, als alles, was uns die Kulturgüter unserer Zivilisation als selbstverständlich vorgaukeln. Es wird uns vor Augen geführt, das Leben und Tod sehr eng miteinander verwoben sind. Und dies zu jeder Zeit, nicht als seltenes Ereignis, das aus der Normalität heraussticht.

Im letzten Beitrag ging es zum Ende hin darum, dass sich der erste Wurf unserer jüngsten Dame ankündigte. Die ganze Sache ging aber gehörig nach hinten los. Wir fanden letztlich lediglich drei tote Neugeborene im Stall. Diese lagen nicht im vorbereiteten Nest, sondern schlicht daneben. Die Mutter hatte zwar offensichtlich versucht, ihren Nachwuchs so gut es ihr möglich war, zu schützen. Doch während über den Kleinen Stroh und Fell lagen, war von unten schlicht kein Schutz vor der winterlichen Kälte vorhanden. In unserer Ernüchterung konnten uns zumindest andere Züchter etwas trösten: So etwas kommt bei unerfahrenen Häsinnen demnach immer wieder einmal vor.

Also folgten wir dem Rat, jetzt nicht einfach aufzugeben. Denn die Natur hat hier bei Kaninchen durchaus vorgesorgt. Die Häsinnen sind kurz nach der Geburt gleich wieder hitzig. Das dürfte ein klares Zeichen dafür sein, dass solch ein Vorkommnis einkalkuliert ist. Überlagert wird der Drang zur Fortpflanzung dann nur vom Trieb, den lebenden Nachwuchs zu versorgen – wenn es diesen aber aus irgendwelchen Gründen nicht gibt, wird sofort erneut ein Versuch gestartet, die Spezies zu vermehren.

Es folgte ein zweiter Anlauf, den wir inzwischen als Erfolg verbuchen können. Doch auch dieser ist eines Kommentars würdig. Es schien fast so, als hätte sich die Dame entschieden, beim nächsten Versuch nicht das kleinste Risiko einzugehen. So brachte sie – was sehr ungewöhnlich ist – nur ein einziges Junges zur Welt. Fast so, als wolle sie erst einmal im Kleinen üben, wie es dann mit normalen Wurfgrößen richtig klappen könnte. Wohl auch, weil der Einzelgänger keinen Konkurrenz bei der Milchversorgung hatte, wuchs er gefühlt im Eiltempo. Inzwischen frisst das Kleine schon allein und konnte gemeinsam mit Mama das Winterquartier verlassen. Allerdings ist zu spüren, das Kaninchen-Nachwuchs nicht dafür gemacht ist, ohne Geschwister heranzuwachsen. Wilde Jagden durch den Stall gibt es hier kaum und ich habe kein anderes Jungtier erlebt, das sich so schnell auf meine Hand eingelassen hat. Für die langen Kuscheleinheiten, an denen sich die Mütter sonst nur bedingt beteiligen, muss immerhin Ersatz her.

Wo wir gerade beim Winterquartier waren: Hier ist es inzwischen recht einsam geworden, doch unbewohnt ist es noch nicht. Die dritte Dame, die uns zuletzt zwei Mal mit Scheinschwangerschaften versorgte, hat nun doch auch Nachwuchs hinbekommen. Und auch hier war es nicht ganz problemlos. Von fünf Jungen kamen nur drei über die ersten beiden Tage. Auch das ist keineswegs unnormal. Die Drei haben inzwischen schon offene Augen, ziehen es aber noch vor, maximal die Köpfe aus dem schützenden Nest zu stecken. Auch zeigen nur zwei von ihnen die typische braune Grundfarbe der Rasse. Eines ist komplett schwarz und wir haben angesichts der vorhergehenden Generationen den Verdacht, dass der Rammler hier etwas mitbrachte, was so nicht zu erwarten ist.

Im Augenblick freuen wir uns aber in erster Linie wieder jeden Tag die Fortschritte der Heranwachsenden zu sehen. Und noch ist hoffentlich nicht Schluss. Wir haben Hoffnung, das die Neujahrskinder noch Halbgeschwister bekommen.

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