Schon am Wochenende hat unsere erfahrenere Mutter begonnen, ein Nest zu bauen. Glaubt man dem, was aller Orten zu lesen ist, wird die Kinderstube durchschnittlich zwei bis drei Tage vor der Geburt eingerichtet. Unserer Erfahrung nach liegt der Haken hier klar in dem Begriff „durchschnittlich“. Denn bei uns gab es bisher noch keine, die sich an diese Frist gehalten hätte. Die genannte Dame beispielsweise startete bei ihrem Wurf im Vorjahr schon eine Woche mit dem Bau. Wir standen schon kurz davor, eine Scheinschwangerschaft anzunehmen und das Nest bei der nächsten Putzaktion mit zu entfernen – immerhin lag es da schon sechs oder sieben Tage ungenutzt im Stall herum. Und auf einmal war dann doch Leben drin.
Ganz anders dagegen beim jüngsten Wurf zum Jahreswechsel. Bei der abendlichen Fütterung war noch nicht einmal zu sehen, dass die Häsin sich auch nur annähernd einmal um ein Nest kümmern würde. Und da die Geburt normalerweise sehr früh am Morgen stattfindet, muss sie dann die halbe Nacht damit begonnen haben, die versäumte Arbeit einer werdenden Mutter noch schnell nachzuholen. Am nächsten Tag war zumindest ein absolut perfektes Nest da, in dem die Kleinen trotz der inzwischen hereingebrochenen Frostphase problemlos durchkamen.
Als ich beim heutigen Abend-Besuch allerdings das Licht anknippste, guckte mich unsere jüngste als zukünftige Mutter vorgesehene Dame an, als hätte ich sie gerade dabei ertappt, wie sie die Süßigkeiten-Schachtel plündert. Große Augen – nur im Maul keine Zuckerstange, sondern eine Mischung aus Stroh und Fell, Polsterung und Isolierung für den Nachwuchs. Nach dem ersten gegenseitigen Staunen einigten wir uns darauf, erst einmal unseren eigentlichen Beschäftigungen nachzugehen: Sie stopfte ihr Baumaterial in die werdende Kinderburg, ich holte ihr das Abendbrot.
Ich habe in letzterem Routine, die Fütterung ist immerhin Alltag. Für sie ist es eine Premiere. Aber auch wenn sie zu einer Linie mit kleinen charakterlichen Eigenarten gehört, bin ich optimistisch, dass sie es hinbekommt. Immerhin hatte es ihre Mutter beim ersten Mal gleich mit sieben Zöglingen zu tun und meisterte ihre Aufgabe ziemlich gut.