Ausbrecher

1511_rausguckerUnd wieder fehlte jemand. Gerade in der aktuellen Jahreszeit, in der die kurzen Tage in Verbindung mit den Arbeitszeiten nur einen Fütterungsbesuch im Dunkeln zulassen, ist es wenig erbaulich, eine Stalltür offen vorzufinden. Vom Kaninchen, das dahinter sitzen sollte, erst einmal keine Spur. Das kommt gelegentlich vor, auch heute wieder.

Schuld ist man meist selbst. Wenn ein paar mehr Tiere zu versorgen sind, es dunkel und kühl ist und einem auch noch der Tag in den Knochen steckt, passiert es, dass mal ein Riegel vergessen wird. Allerdings war ich im aktuellen Fall sicher, am Vortag noch einmal ganz genau hingesehen zu haben. Und ich habe keinen Grund, an mir zu zweifeln.

Denn wie sich schon zuvor zeigte, scheint der Nachwuchs aus dem Mai mit einer besonderen Kombination aus Schläue und Erkundungsdrang gesegnet zu sein. Dem hält die erste Version der Türverschlüsse, die an den ersten Ställen noch im Einsatz sind, gelegentlich nicht Stand. Ein kleiner Rammler hat mir das vor einiger Zeit ziemlich eindrucksvoll bewiesen.

Eines Tages kam ich zu den Kaninchen und eine Tür stand sperrangelweit offen. Der Bewohner war in diesem Fall zu Hause und guckte mich interessiert an. Noch bestand die Vermutung, dass hier schlicht jemand vergessen hatte, alles richtig zu verschließen. Also erst einmal die Tür zugemacht. Kurz nach nebenan um das Futter zu holen. Zurückkommen. Und wieder das gleiche Bild: Tür offen und ein neugieriger Kopf streckt sich mir entgegen. Das ging so weiter, bis ich eine Zusatzsicherung improvisiert hatte.

Nun hatte also wohl der nächste herausgefunden, wie so eine Tür aufgeht. Glücklicherweise haben wir es hier aber mit Tieren zu tun, deren Natur in der Regel nicht aus längeren Wanderungen besteht. Für gewöhnlich bleiben Kaninchen – zumindest unsere – eher in der Nähe ihrer gewohnten Behausung. Denn diese ist in den kleinen Köpfchen auch mit etwas verknüpft, das im Leben eines klassischen Beutetieres lebenswichtig ist: Es ist eine sichere Zuflucht. Für gewöhnlich enden die Ausflüge daher bei uns am nächsten Beet, auf dem noch Kohl steht.

Lediglich ein Mal zog ein regelmäßiger Freigänger immer weitere Kreise und hoppelte eines Tages gemütlich den Weg der benachbarten Gartenkolonie entlang. Trotz einiger aufgeregter Hinweise aus der Nachbarschaft haben wir von einer Verfolgung abgesehen. Eine solche hätte das Kerlchen vermutlich eher verschreckt als wieder nach Hause gebracht – und wir wollten nun auch nicht unbedingt über alle Zäune von Garten zu Garten hüpfen. Ein Weilchen später fand sich der kleine Entdecker auch von ganz allein wieder ein.

Inzwischen sind die meisten potenziellen Ausbruchs-Möglichkeiten aus unserem Garten aber ohnehin verschlossen, so das nicht allzu viel passieren kann. Und in der Regel finde ich die Ausflügler nach einer Weile schlicht unter ihrem Stall wieder. Und auch heute genügte es, den kleinen Ausbrecher ruhig(!) aus dem Kohlbeet wieder in Richtung Stall zu dirigieren und letztlich wieder in sein Zuhause zu setzen. Auch hier ist jetzt eine Extrasicherung angebracht. Denn die Stalltür hat ja nicht nur den Zweck, das Kaninchen drin, sondern – gerade im Winter mit seinem begrenzten Nahrungsangebot – auch eventuelle Räuber draußen zu halten.

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